osnabrück kunsthalle

Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten: die Ausstellungsreihe
„Kunstkörperlich-Körperkünstlich" findet nun ihren Abschluss.
Wir trafen den Schweizer Künstler MARCK in der Kunsthalle
Dominikanerkirche.

Die Kunstwerke des Zürchers fallen auf. So wie
die „Frauenkiste". Auf dem Boden rechts im Kirchenschiff.
Die lebensgroße Metallbox mit zwei Milchglasscheiben hält
scheinbar eine nackte Frau gefangen. Sie versucht verzweifelt
zu entkommen, klopft an die Scheiben, ruft „Hallo?"

Eine seiner drei leuchtenden Video-Kästen an der Wand
heißt „Türkisches Bad": Eine Frau, auf dem Rücken liegend,
schwimmt mit angezogenen Beinen in einem viel zu kleinen
Becken. Sie macht einen Purzelbaum, dreht sich. Fast zehn
Minuten - eine bedrückende Endlosschleife.

MARCK zwängt für seine Video-Skulpturen zumeist Frauen in
viel zu enge Räume (es ist übrigens immer dieselbe, seine
Lebensgefährtin). Es geht um physische, vielleicht auch
psychische Grenzen. In seinen Werken kann sich jeder wieder
finden. Sie sind eine Art Anker, in der zum Teil sehr
komplexen und vielschichtigen Ausstellung.

Die 2006 gestartete Reihe „Kunstkörperlich-Körperkünstlich"
versammelt in der dritten und letzten Ausgabe unter dem
Titel "Bodies" internationale Objekt- und Installationskunst.
An großen Namen wie Vanessa Beecroft beispielsweise,
kommt keiner vorbei. Allein schon, weil ihr Werk (eine
überdimensionale Leinwand) an prominenter Stelle des
Kirchenraumes steht. Zu sehen: In einem venezianischen
Palazzo arrangierte, fast nackte Models verlieren langsam die
Contenance. Erschöpfung macht sich breit. Ein Kontrast von
Schönheit und individuellem Scheitern.

Hinzu gesellt sich weitere Prominenz: Damien Hirst, Mark
Quinn, Brad Downey, Daniel Spoerri oder Andy Warhol.
Daneben tauchen aber auch unbekanntere Namen unter den 36
Teilnehmenden auf. Newcomer mit zum Teil herausragenden
Werken. Wie MARCK, der eigentlich Rockstar werden wollte. „In
einer Band zu spielen bedeutet jedoch auch, Kompromisse
einzugehen", sagt er. Das ist nicht sein Ding.

MARCK hat in verschiedenen Bereichen gearbeitet, so einiges
ausprobiert. Er hat eine Ausbildung als Schlosser und
Multimedia-Producer abgeschlossen, ist Diplom-Webpublisher.
Außerdem arbeitete er als Bauer, Sozialarbeiter, freier
Fotograf, Tontechniker, in der Gastronomie ...

„Ich habe für mich zum Ausgleich immer schon gebastelt. Mit
zwanzig Jahren hatte ich schon mal eine Ausstellung, aber
ich hatte ganz schnell die Schnauze voll von diesem ganzen
Getue. Es ging mir auf den Geist und ich wollte Rock'n'Roll
machen. Meine Kunst ist Rock'n'Roll ab 40 ...", erzählt er mit
sympathischem, schweizerischen Dialekt.

MARCK hat seine Werke selbst aus Zürich in die Kunsthalle
gebracht. Zehn Stunden Autofahrt und zurück. Ein Macher. „Ich
finde, wir Männer haben uns wesentlich mehr emanzipiert als
Frauen. Wir können waschen, kochen, uns um Kinder kümmern. Wir
können auch ein Haus renovieren. Frauen wird eine natürliche
Grenze gesetzt. Männer sind ihnen physisch überlegen. Das ist
einfach so."

Warum er sich nicht mit einem Männer-Thema beschäftigt?
„Das sollen besser Frauen machen. Da müsste ich mich nicht
reinversetzen, weil ich schließlich ein Mann bin."

Übrigens hat er folgendes beobachtet: Während Frauen sich in
die beklemmenden Situationen seiner Skulpturen reinfühlen,
interpretieren Männer sie tendenziell eher erotisch. „Sie
sagen: Cool. Das wär noch was für meine Freundin. Männer
sind eben sehr einfach gestrickt. Das ist übrigens etwas,
was Frauen nicht wirklich kapieren. Ihr macht alles immer so
kompliziert."

Auch Rik Reinking, Co-Kurator und Hamburger Kunstsammler,
der ein gefühltes Drittel der Ausstellungswerke aus seiner
Sammlung stellt, sagt über sich: „Ich habe kein Interesse am
kompliziert sein." Der Kontext? André Lindhorst, der Leiter
der Kunsthalle, betont: „Es ist ein Glück, mit jemanden
zusammen zu arbeiten, der über ein solches Netzwerk verfügt
und keine kommerziellen Interessen verfolgt."

Da hat er recht. Allerdings wäre das ein oder andere Werk
aus Reinkings Sammlung doch besser woanders aufgehoben.
Es bedarf schon einer gewollten Interpretation, Exponate
wie Grayson Perrys mit Scherben gefülltes Amulett in den
Ausstellungskontext zu stellen.

bis 18.9.2011, Kunsthalle Dominikanerkirche